«Ich hof­fe, dass uns die­se Just-do-it-Men­ta­li­tät erhal­ten bleibt»

Bastian Giese trägt als Client Director die Gesamtverantwortung von Mint Architecture in den Bereichen Retail, Gastronomie und Workplace. Im Interview berichtet er über seine Erfahrungen im Umgang der Baubranche mit dem Covid-19-Lockdown und verrät, warum er trotz Hindernissen viele positive Erkenntnisse für die Zukunft mitnimmt.

Was nimmst du Posi­ti­ves aus der Kri­se mit?
Was mich seit Beginn der Pan­de­mie impo­niert, ist, wie schnell sich der Mensch auf neue Situa­tio­nen ein­stel­len kann. In der Unter­neh­mens­welt sehe ich, dass Ent­schei­dun­gen schnel­ler gefällt wer­den, Pro­zes­se ohne unter­neh­me­ri­sche Gren­zen per sofort eta­bliert oder Inno­va­tio­nen, die schon län­ger in der Schub­la­de lagen, jetzt imple­men­tiert wer­den. Ich hof­fe, dass uns die­se Just-do-it-Men­ta­li­tät erhal­ten bleibt. Zudem spü­re ich, dass die Men­schen das sozia­le Mit­ein­an­der wie­der zu schät­zen wis­sen. Soli­da­ri­tät unter­ein­an­der, Respekt für die Mit­men­schen und Wert­schät­zung des Gegen­übers beob­ach­te ich täg­lich. Das beein­druckt mich. Aus dem Grund wün­sche ich mir, dass The­men wie local vs. glo­bal oder die vor­herr­schen­de Höher-Schnel­ler-Wei­ter-Men­ta­li­tät einer nach­hal­ti­gen Ana­ly­se unter­zo­gen wer­den. Da schlies­se ich mich sel­ber mit ein.

Basti­an Gie­se, Cli­ent Direc­tor Mint Archi­tec­tu­re AG

«In der Unter­neh­mens­welt sehe ich, dass Ent­schei­dun­gen schnel­ler gefällt werden.»

Wie sieht es auf den Bau­stel­len aus und wel­che Vor­keh­run­gen muss­ten getrof­fen wer­den?
Wir haben auf unse­ren Bau­stel­len die Ver­ant­wor­tung sowohl für unse­re Mit­ar­bei­ten­den als auch für die aus­füh­ren­den Fir­men und Part­ner. Wir sind kon­ti­nu­ier­lich den Vor­ga­ben des BAG gefolgt und haben gemein­sam Regeln zur Hygie­ne, Abstands­hal­tung und Zutritts­kon­trol­len defi­niert. Dabei haben wir immer alle Pro­jekt­be­tei­lig­ten invol­viert und uns gemein­sam in die Ver­ant­wor­tung genom­men. Durch die­se Mass­nah­men konn­ten wir die mei­sten Bau­stel­len effek­tiv wei­ter­füh­ren. Natür­lich sind wir in diver­sen Berei­chen auch auf Zulie­fe­run­gen aus dem Aus­land ange­wie­sen, die uns nicht zeit­ge­recht erreicht haben. Hier ist eine kon­ti­nu­ier­li­che und lösungs­ori­en­tier­te Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Unter­neh­mern und den Bau­her­ren wich­tig, um schnell und fle­xi­bel reagie­ren zu können.

Neue Arbeits­wel­ten für Cowor­king-Anbie­ter im The Circle.

Wie führst und koor­di­nierst du der­zeit die inter­nen und exter­nen Teams?
Mehr denn je über das gespro­che­ne Wort und Indi­vi­dua­li­tät. Gera­de in der jet­zi­gen Situa­ti­on braucht es die ganz­heit­li­che Füh­rung im gesam­ten Team, aber auch das indi­vi­du­el­le «Abho­len» jedes Ein­zel­nen. Die Her­aus­for­de­rung ist, dass in vir­tu­el­len Gesprä­chen Gestik und Mimik nur bedingt ein­setz­bar sind. Das bedeu­tet, dass das gespro­che­ne oder geschrie­be­ne Wort noch kla­rer for­mu­liert wer­den muss, um Miss­ver­ständ­nis­se zu ver­mei­den. Die Art des Aus­tau­sches vari­iert inner­halb des Teams. Mit eini­gen tele­fo­nie­re ich täg­lich mehr­mals, mit ande­ren gibt es fest ver­ein­bar­te Ter­mi­ne und mit ein­zel­nen gibt es eher spon­ta­ne Abglei­che. Ein­mal in der Woche gibt es einen Team-Call, wo sich alle gemein­sam updaten und ich die aktu­el­len Infor­ma­tio­nen aus der Unter­neh­mens­füh­rung kom­mu­ni­zie­re. Die phy­si­schen 1:1‑Gespräche, die ele­men­tar für das gegen­sei­ti­ge Ver­trau­en sind, kön­nen durch die vir­tu­el­le Kom­mu­ni­ka­ti­on jedoch nicht ersetzt wer­den. Ich freue mich des­halb jetzt schon, das gan­ze Team in naher Zukunft wie­der an einem Tisch sit­zen zu sehen.

Basti­an Gie­se, Cli­ent Direc­tor Mint Archi­tec­tu­re AG

«Gera­de in der jet­zi­gen Situa­ti­on braucht es die ganz­heit­li­che Füh­rung, aber auch das indi­vi­du­el­le «Abho­len» jedes Einzelnen»

In der Bau­bran­che kom­men tra­di­tio­nell phy­si­sche Arbeits­werk­zeu­ge zum Ein­satz wie etwa Skiz­zen und Model­le. Hal­ten zur­zeit neue digi­ta­le Werk­zeu­ge Ein­zug?
Wir haben wei­te­re digi­ta­le Pro­zes­se im Bereich des Pro­jekt­ma­nage­ments imple­men­tie­ren müs­sen. Die­se hat­ten wir schon lan­ge auf der Agen­da. Das Virus hat uns nun gezwun­gen, eini­ges dar­aus inner­halb weni­ger Tage umzu­set­zen und auch in Zukunft die digi­ta­len Pro­zes­se wei­ter aus­bau­en. Im Bereich der Pla­nung waren wir schon vor dem Virus gut auf­ge­stellt, so dass wir da mit weni­gen Rei­bungs­ver­lu­sten, schnell und effek­tiv aus dem Home-Office arbei­ten konnten.

Wie stark ist der Ein­satz von Video­con­fe­ren­cing in einem tra­di­tio­nell phy­si­schen Busi­ness wie der Bau­bran­che zu spü­ren?
Mei­ne Beob­ach­tung war, dass die­se Art der Kom­mu­ni­ka­ti­on inner­halb der Bau­bran­che und deren Pro­zes­se wenig eta­bliert waren und auch noch immer sind. Vie­le waren nun aber gezwun­gen, die­se Tech­no­lo­gien zu ver­wen­den und sich damit aus­ein­an­der zu set­zen. Das hat die Hemm­schwel­len schwin­den las­sen. Wir wer­den Video­con­fe­ren­cing in Zukunft ver­mehrt ein­set­zen, wenn es für uns und die Betei­lig­ten sinn­voll ist. Die Vor­tei­le sind aus mei­ner Sicht die Redu­zie­rung von Rei­se­zei­ten, ganz­heit­li­cher Zugriff auf digi­ta­le Daten und Schnel­lig­keit in der Terminfindung.

Basti­an Gie­se, Cli­ent Direc­tor Mint Archi­tec­tu­re AG

«Wir wer­den Video­con­fe­ren­cing in Zukunft ver­mehrt einsetzen»

Beob­ach­test du in der Art und Wei­se der Zusam­men­ar­beit bereits Ver­än­de­run­gen, die auch über die­se Zeit hin­aus wir­ken könn­ten?
Wir alle muss­ten uns in den letz­ten Wochen mit dem Arbeits­platz­kon­zept des Home Offices aus­ein­an­der­set­zen. Dabei schlies­se ich auch die erwei­ter­te Ver­wen­dung von digi­ta­len Werk­zeu­gen mit ein. Wir konn­ten die Vor- und Nach­tei­le ken­nen­ler­nen und haben fest­ge­stellt, was gut funk­tio­niert und was uns fehlt. Die­se Erkennt­nis­se wer­den uns in Zukunft hel­fen, gemein­sam zu bewer­ten, ob Home-Office ein Bau­stein in unse­rer Arbeit sein kann oder nicht. Dar­über hin­aus erken­nen wir, wie wich­tig das sozia­le Mit­ein­an­der ist. Der Aus­tausch mit den Kol­le­gen, das gemein­sa­me Erar­bei­ten von Pro­jek­ten oder das gegen­sei­ti­ge Moti­vie­ren für unse­re täg­li­chen Auf­ga­ben. Die­se zwi­schen­mensch­li­che Kom­po­nen­te kann kein vir­tu­el­ler Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nal erset­zen. Das Büro ist schon lan­ge ein sozia­ler und emo­ti­ons­ge­la­de­ner Ort, der mehr als nur der Arbeits­er­brin­gung dient.

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Die Küche als Ort zum Tref­fen und Verweilen.

Zur Per­son
Basti­an Gie­se ist Cli­ent Direc­tor bei Mint Archi­tec­tu­re und besitzt über 15 Jah­re Archi­tek­tur­er­fah­rung im Retail‑, Work­place- und Gastromarkt. Davor war er als Füh­rungs­ver­ant­wort­li­cher für Mar­ken wie Nike Deutsch­land und Fos­sil Group tätig. Sein Archi­tek­tur­stu­di­um hat er an der Bau­haus Uni­ver­si­tät in Wei­mar und an der Aka­de­mie der bil­den­den Kün­ste in Wien erfolg­reich absol­viert und sich im Master an der Fach­hoch­schu­le Bochum auf Cor­po­ra­te Archi­tec­tu­re spezialisiert.

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