Interview Graziella Piccirilli Etter: «Die neue Offenheit gegenüber Veränderungen sehe ich als grosse Chance»
Bei Mint Architecture arbeiten verschiedene Teams in unterschiedlichsten Architekturprojekten und Funktionen interdisziplinär zusammen. Wie hält man mehrere Dutzend Mitarbeitende in einer so agilen Organisation in Zeiten von Corona informiert und den Teamspirit aufrecht? Ein Interview mit der HR-Leiterin Graziella Piccirilli Etter.

Wie hat sich Mint Architecture in den letzten Wochen organisiert?
Grundsätzlich haben sich die verschiedenen Teams selbstständig organisiert. Die Koordination untereinander nimmt dabei sicher mehr Zeit in Anspruch, da zum individuellen Austausch mindestens ein- bis zweimal wöchentlich fixe Teamkonferenzen dazu kommen, um alle auf demselben Informationsstand zu halten. Meine Hauptaufgabe besteht im übergeordneten Informationsmanagement. So habe ich in den letzten Wochen laufend die neusten Entscheidungen des Bundesrates mitverfolgt und aufdatiert, zusammen mit der Geschäftsleitung die nächsten Schritte diskutiert und diese in Form von Informationsschreiben an alle Mitarbeitenden kommuniziert. Diese Aktualität und Regelmässigkeit in der Mitarbeiterinformation sind wichtig, um keine Verunsicherungen zu schüren und das Teamgefühl zu gewährleisten.

Dieser Teamspirit ist ein wichtiger Teil der Unternehmenskultur von Mint Architecture. Wie wird dieser zurzeit aufrechterhalten?
Der Teamspirit ist ein wichtiger Teil der Unternehmenskultur von Mint Architecture. Damit dieser entsteht, braucht es einen respektvollen und ehrlichen Umgang miteinander, gemeinsame Ziele und verbindende Erlebnisse durch gemeinsame Aktivitäten. So haben wir uns überlegt, wie wir trotz räumlicher Distanz Zugehörigkeit und Solidarität in Form von Ritualen erlebbar machen können. Das wichtigste ist dabei sicherlich der regelmässige Teamaustausch. Für den informellen Austausch haben wir neu ein Ritual des «virtuellen Zvieris» eingeführt. Hier kann sich einloggen, wer will und die Gesprächsthemen sind denn auch eher locker.
Zurzeit arbeiten viele im Home Office. Wie viel Freiheit und Autonomie soll man den Mitarbeitenden dabei zugestehen?
Erfahrungsgemäss reagieren Menschen, denen Vertrauen geschenkt wird, oft mit einem noch grösseren Einsatz. Mitarbeitende sind dann motiviert, einen Beitrag zu leisten, wenn sie eine sinnvolle Aufgabe haben, Teil eines grossen Ganzen sind, das ihnen wichtig ist, und wenn der Umgang untereinander von gegenseitiger Wertschätzung geprägt ist. Dazu kommt, dass sich unser Alltag und unsere Bedürfnisse noch nie so stark ähnelten wie in den letzten Wochen und dies zu einer neuen Motivation geführt hat. Statt also irgendwelche Homeoffice-Regeln zu definieren, um die Kontrolle zu behalten, blieben wir unseren Führungsprinzipien der Eigenverantwortung und des Vertrauens treu und haben versucht, unsere Mitarbeitenden dahingehend zu unterstützen.
Wie wird man jedoch den Bedürfnissen von Mitarbeitenden im Homeoffice gerecht?
Wichtig ist, dass man zwischen den materiellen und immateriellen Bedürfnissen unterscheidet. In einem ersten Schritt ging es darum, dafür zu sorgen, dass die Infrastruktur bei allen gegeben ist, um im Home Office arbeiten zu können. Bei den emotionalen Bedürfnissen sind der regelmässige und offene Austausch und die Rückmeldung in den Teams essenziell. So wird die Arbeit auch abseits von den Arbeitskollegen angenehm und sinnvoll wahrgenommen und erscheint wertgeschätzt.

Haben Home-Office-erprobte Menschen in Zeiten von Corona einen Vorteil und was rätst du Mitarbeitenden, für die es ein absolutes Novum ist?
Ob bereits gewohnt oder nicht, wir dürfen nicht vergessen, dass der Lockdown auch Home-Office-Erprobte vor neue Situationen bezüglich Kinderbetreuung und täglicher Einschränkungen gestellt hat. Für alle galt es zuerst einmal, eine persönliche Arbeitsorganisation und Abläufe zu finden sowie Privates und Geschäftliches räumlich, aber auch zeitlich zu trennen. Dabei rate ich, ein wenig zu experimentieren und zu schauen, welcher Ablauf für einem persönlich gut funktioniert. Das heisst: In welchem Raum kann ich am besten arbeiten? Wann brauche ich eine Bewegungspause? Wie bündle ich meine Tätigkeiten? Wie kann ich zwischendurch Energie tanken? Ich zum Beispiel beginne den Tag im Home Office mit einem Kaffee draussen auf der Veranda und lese dabei bereits meine ersten Mails auf dem Handy, bevor ich mich an den Schreibtisch setze.
Welche Chancen ergeben sich aus deiner Sicht für die Zukunft?
Das Wichtigste, was wir in den letzten Wochen erlebt und erfahren haben, ist, dass es immer auch anders geht. Der Lockdown hat uns die Möglichkeit geboten, eingespielte Prozesse zu hinterfragen und nach unkonventionellen Lösungen zu suchen. Es ist eine neue Offenheit gegenüber Veränderungen entstanden, was ich als grosse Chance für die Zukunft sehe. Wir bei Mint Architecture beginnen nun, die Phase zu reflektieren und uns Gedanken zu machen, wie wir die neugewonnen Erkenntnisse auf sinnvolle Art und Weise in unsere Abläufe und Tätigkeiten integrieren können.
Zur Person
Graziella Piccirilli Etter ist seit 2017 HR-Leiterin von Mint Architecture. Vor ihrem beruflichen Wechsel in den Personalbereich absolvierte sie das Studium zur Farbgestalterin an der Architektur HF im Haus der Farbe und arbeitete freiberuflich auf diesem Gebiet. 2014 stieg sie als Teamleiterin Administration & Controlling bei Mint Architecture ein und absolvierte in der Folge erfolgreich das Nachdiplomstudium zur HR-Leiterin am Schweizerischen Institut für Betriebsökonomie. Graziella Piccirilli Etter lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern im Alter von 18 und 19 Jahren in der Nähe von Zürich.