«Die Zusam­men­ar­beit ist die Basis unse­rer Kultur»

Matthias Wehrle, ATP-Partner in Zürich und Peter Roth, CEO Mint Architecture beantworten Fragen zur gemeinsamen Zusammenarbeit der Unternehmen und erläutern, wie BIM die Architektur weiterbringt und der beiden Architekturbüros und deren komplementären Kompetenzen.

ATP Zue­rich und Mint Archi­tec­tu­re fei­ern Ero­eff­nung ihrer neu­en Stand­or­te in Zue­rich West am Don­ners­tag 4. Juli 2019 (PPR/Nick Soland)

Mat­thi­as Wehr­le und Peter Roth, was haben ATP Zürich und Mint Archi­tec­tu­re aus Ihrer ersten Erfah­rung gemeinsam?

Roth: Sicher die inter­dis­zi­pli­nä­re Arbeits- und Denk­wei­se. Wie wir an einen Ent­wurf her­an­ge­hen, ist in den bei­den Büros zwar ver­schie­den, aber wir haben eine gemein­sa­me Hal­tung: Näm­lich die Zusam­men­ar­beit. Sie ist die Basis unse­rer Kul­tur. Bei­de Büros sind sich gewohnt, mit ver­schie­de­nen Spe­zia­li­sten zusam­men­zu­ar­bei­ten und deren ein­zel­nen Kom­pe­ten­zen zusammenzuführen.

Wehr­le: Ja, die Zusam­men­ar­beit ist ein, ja der zen­tra­le Wert der ATP-Kul­tur – mit beson­de­rem Augen­merk auf drei essen­ti­el­le Wer­te, die gute Zusam­men­ar­beit bedin­gen: Ver­bind­lich­keit, Dia­log und Begei­ste­rung für unse­re Arbeit. Unse­re geleb­te inter­dis­zi­pli­nä­re Koope­ra­ti­on spie­gelt sich auch in der per­so­nel­len Zusam­men­set­zung unse­rer bei­den Büros wider. Die Schwei­zer Immo­bi­li­en- und Bau­bran­che erhält mit uns hier in Zürich den Zugang zu einem Team von rund 90 Exper­ten aus Archi­tek­tur, Inge­nieur­we­sen, Öko­no­mie und Markt­ana­ly­se und gleich­zei­tig den Anschluss zur gesam­ten ATP-Grup­pe mit heu­te 800 Archi­tek­ten und Inge­nieu­ren – bereits seit mehr als 40 Jah­ren geübt in inte­gra­ler Pla­nung und seit 2012 einer der Pio­nie­re im deutsch­spra­chi­gen Euro­pa bei der durch­gän­gi­gen Anwen­dung von BIM.

Las­sen Sie uns über das The­ma BIM in der Schweiz reden. Mit der vom Bund ver­ab­schie­de­ten Stra­te­gie «Digi­ta­le Schweiz» sol­len ja ab 2021 alle staat­li­chen Immo­bi­li­en­pro­jek­te mit BIM geplant wer­den. Im Ver­gleich zu ande­ren Län­dern hinkt die Schweiz bezüg­lich BIM hin­ter­her. Wie­so ist dies so?

Wehr­le: Es gibt sicher meh­re­re Grün­de, war­um die Schweiz das The­ma BIM auf die lan­ge Bank gescho­ben hat. Ein Grund dürf­te im Bau­boom der letz­ten Jah­re lie­gen, wo für fun­da­men­ta­le Ver­än­de­run­gen in den Pro­zes­sen vie­len die Zeit fehl­te. Auf der ande­ren Sei­te hat sich in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten in der Schweiz ein aus­ge­klü­gel­tes Nor­men- und Lei­stungs­mo­dell mit NPK und SIA eta­bliert. Wir haben hier, ähn­lich wie auch in Deutsch­land und Öster­reich, ein stark frag­men­tier­tes Pla­nungs- und Bau­ge­wer­be mit vie­len Spe­zia­li­sten und einem hohen Spe­zia­li­sie­rungs­grad, jedoch Struk­tu­ren, wo die Pla­nungs­lei­stun­gen in arbeits­tei­li­gen Pro­zes­sen nach­ein­an­der erbracht wer­den. Die­ses über­hol­te System ist auf­grund vie­ler Schnitt­stel­len feh­ler­an­fäl­lig und unpro­duk­tiv, was zu Qua­li­täts­män­geln, Ter­min­pro­ble­men und Mehr­ko­sten führt.

Viel­leicht gibt es noch einen wei­te­ren Grund, war­um die Lust vie­ler kon­ven­tio­nel­ler, also nicht inte­gra­ler Pla­ner auf BIM sta­gniert: BIM ein­zu­füh­ren ist enorm auf­wän­dig für die Büros. Wenn dabei die kul­tu­rel­le Vor­aus­set­zung fehlt, wenn also in der Arbeits­wei­se an alt­her­ge­brach­ten Pla­nungs­pro­zes­sen fest­ge­hal­ten wird, bringt BIM aus­ser viel Auf­wand nicht, was es könn­te. Damit man BIM in der Pla­nung erfolg­reich ein­set­zen und des­sen Mög­lich­kei­ten zu Gun­sten des Gebäu­des voll aus­schöp­fen kann, braucht es eine ein­ge­spiel­te „Zusam­men­ar­beits­kul­tur” aller am Pla­nungs­pro­zess Betei­lig­ten: die Inte­gra­le Planung.

Roth: Die­sen Vor­teil der «Zusam­men­ar­beits­kul­tur» wol­len wir bei Mint zukünf­tig nut­zen und auch in der Metho­dik Vor­rei­ter wer­den: Die Umstel­lung auf BIM kommt jeden­falls auf uns zu als Toch­ter der ATP. Unse­re gemein­sa­me Hal­tung, die Kul­tur, die Zusam­men­ar­beit und die Nähe zu ATP hilft uns, die­se Umstel­lung Schritt für Schritt und pro­fes­sio­nel­le zu voll­zie­hen. ATP ist ein erfah­re­ner BIM-Pio­nier an unse­rer Sei­te, von dem wir viel abge­win­nen können.

Mat­thi­as Wehr­le, Sie sind ATP-Part­ner in Zürich. ATP plant unter­neh­mens­weit in ganz Euro­pa seit 2012 aus­schließ­lich im digi­ta­len Modell. Wo konn­ten Sie die­se Kom­pe­ten­zen im Schwei­zer Markt bis­her einbringen?

Wehr­le: An allen unse­ren zehn Pla­nungs­stand­or­ten pla­nen wir mit modern­ster Soft­ware im BIM-Modus, so auch in der Schweiz. Alle unse­re Stand­or­te sind digi­tal ver­netzt, das bringt unse­re inte­gra­le Pla­nungs­kul­tur mit sich. Hier in der Schweiz kön­nen wir, wie alle ande­ren Stand­or­te auch, das gesam­te Know-how der ATP-Grup­pe nut­zen. Dies erwies sich stets als gros­ser Vor­teil, z. B. plan­ten wir die für ihre Nach­hal­tig­keit teil­wei­se beson­ders aus­ge­zeich­ne­ten Indu­strie­bau­ten für Hil­ti, AEG oder Zum­to­bel oft in enger Zusam­men­ar­beit mit den TGA-Spe­zia­li­sten in Innsbruck.

Unser Vor­teil ist, dass ATP ein Cor­po­ra­te Office ist, mit einer gemein­sa­men Arbeits­kul­tur, Wis­sens­ma­nage­ment, kla­ren Struk­tu­ren und Zustän­dig­kei­ten. ATP wächst als ler­nen­de Orga­ni­sa­ti­on. Damit sind wir anpas­sungs­fä­hig an die Beson­der­hei­ten der Län­der, in denen wir arbei­ten und bie­ten gleich­zei­tig ein Lei­stungs­spek­trum, das die Wünsche/Anforderungen unse­rer anspruchs­vol­len Auf­trag­ge­ber gesamt­haft aus einer Hand erfül­len kann.

Peter Roth, auch Ihr Büro mischt den Markt neu auf und bringt eine neue Sicht­wei­se in die Ent­wick­lung kom­mer­zi­ell genutz­ter Flä­chen. Wie kam es dazu?

Roth: Als Mint Archi­tec­tu­re vor rund 20 Jah­ren als Retail­part­ners gestar­tet hat, gehör­te Mint zu den ersten Büros, die bei der Laden­flä­chen­ge­stal­tung das Erleb­nis in den Mit­tel­punkt rück­te. Mit den gros­sen gesell­schaft­li­chen Ver­än­de­run­gen ist in allen Bran­chen das Bedürf­nis gestie­gen, nicht ein­fach schö­ne Flä­chen zu gestal­ten, son­dern Treff­punk­te, Begeg­nungs­zo­nen, Third Places oder Arbeits­or­te. Die Anfor­de­run­gen unse­rer heu­ti­gen digi­ta­len Gesell­schaft sind kom­ple­xer und viel­schich­ti­ger gewor­den. Des­halb set­zen wir uns mit dem End­nut­zer aus­ein­an­der, wenn wir eine kom­mer­zi­ell genutz­te Flä­che gestal­ten, und ori­en­tie­ren uns am Kun­den­er­leb­nis und der Custo­mer Jour­ney. Das eröff­net unse­ren Auf­trag­ge­bern neue Per­spek­ti­ven und Mög­lich­kei­ten, ihre Flä­chen zu nutzen.

Retail, Shop­ping­cen­ter, Gastro­no­mie, Work­place, Health – Mint Archi­tec­tu­re bewegt sich in ver­schie­den­sten Märk­ten. Wie schafft Ihr es, über­all kom­pe­tent zu sein?

Roth: Unse­re syste­ma­ti­sche Vor­ge­hens­wei­se macht es mög­lich. Dar­in unter­schei­den wir uns von ande­ren Büros und schaf­fen ech­te Mehr­wer­te für unse­re Kun­den. Wir fan­gen nicht gleich an, eine Flä­che zu gestal­ten, son­dern set­zen uns zuerst ana­ly­tisch und stra­te­gisch damit aus­ein­an­der. Dafür haben wir auch Tools ent­wickelt, die wir lau­fend ergän­zen. In den Tools wer­den demo­gra­fi­sche, sozio­gra­fi­sche und wis­sen­schaft­li­che Daten mit wis­sen­schaft­li­chen Metho­den aus­ge­wer­tet. Dies lie­fert uns wich­ti­ge Erkennt­nis­se über die Märk­te, die Nut­zung und die End­nut­zer. Die­se Erkennt­nis­se flies­sen wie­der­um in den Design­pro­zess unse­rer Kun­den­pro­jek­te. Die­se stra­te­gi­sche und nut­zen­ori­en­tier­te Aus­ein­an­der­set­zung ist wegen den erwähn­ten gesell­schaft­li­chen Ver­än­de­run­gen unab­hän­gig vom Markt und essen­ti­ell für jede Art von kom­mer­zi­el­len Flä­chen. Es geht dar­um, was der Gast, der Kli­ent oder der Mit­ar­bei­ten­de möchte.

Unser neu­er Work­place ist ein gutes Bei­spiel dafür.

Inwie­fern ergän­zen sich die Kom­pe­ten­zen von ATP und Mint?

Wehr­le: Der nut­zen­ori­en­tier­te Ansatz von Mint deckt sich mit dem Bedürf­nis unse­rer Kun­den, kom­mer­zi­el­le Flä­chen mit Blick auf das Kun­den­er­leb­nis zu ent­wickeln. Der Bedarf, in die Jah­re gekom­me­ne Shop­ping Cen­ter wie­der neu zu bele­ben, ist im deutsch­spra­chi­gen Raum enorm. Als Inte­gra­les Pla­nungs­bü­ro mit gros­ser Erfah­rung, auch im Bereich Trag­werks­pla­nung beim Umbau im lau­fen­den Betrieb, kön­nen wir gemein­sam mit unse­rer Schwe­ster­ge­sell­schaft Mint bei allen jenen Pro­jek­ten ein unschlag­ba­res Lei­stungs­pa­ket anbie­ten. Die hohe Kom­pe­tenz von Mint in der Auf­wer­tung kom­mer­zi­el­ler Flä­chen durch erleb­nis­ori­en­tier­te Gestal­tung ist hier­bei von gros­ser Bedeutung.

Roth: Ein Bei­spiel für unse­re Zusam­men­ar­beit ist ein Pro­jekt in Wien. ATP wur­de dort mit der Umnut­zung eines ehe­mals gemischt-genutz­ten Hoch­hau­ses beauf­tragt. Dabei stell­te sich die Fra­ge, wie die Immo­bi­lie künf­tig genutzt wer­den soll und wie die kom­mer­zi­ell ange­dach­te Flä­che ent­wickelt wer­den soll. In die­sem Fall ist Mint einer der Exper­ten in einem inter­dis­zi­pli­när zusam­men­ge­setz­ten Team aus Archi­tek­tur, Trag­werk, Gebäu­de­tech­nik usw. und über­nimmt dabei von Ana­ly­se bis zu Rea­li­sa­ti­on die Ver­ant­wor­tung für die neue Nut­zung der Flächen.

Wel­ches sind die gröss­ten Her­aus­for­de­run­gen für Sie in den näch­sten 4 bis 5 Jah­ren?

Wehr­le: Unse­re wich­tig­ste Her­aus­for­de­rung besteht dar­in, die Exper­ti­se von ATP im kom­ple­xen Hoch­bau im Schwei­zer Markt bekannt zu machen und unse­re Funk­ti­on als Digi­ta­li­sie­rungs-Trei­ber, die wir in Öster­reich und Deutsch­land seit meh­re­ren Jah­ren inne haben, auch hier zu ver­stär­ken. Indem wir die Vor­tei­le der Inte­gra­len Pla­nung mit BIM auch in der Schweiz bekannt machen, wol­len wir, dass unse­re Kun­den und zukünf­ti­gen Kun­den den Auf­schwung der Bran­che nut­zen, um modern­ste und erfolg­rei­che Pla­nungs­me­tho­den, die wir bei ATP anwen­den, kennenzulernen.

Roth: Unse­rer Mei­nung nach ist es ein «Must», sich am Kun­den­nut­zen zu ori­en­tie­ren, um belieb­te und beleb­te Orte zu ent­wickeln. Das ver­langt aber auch, immer die Gesell­schaft und die Trends im Auge zu behal­ten und das Wis­sen dar­aus in gute Archi­tek­tur­lö­sun­gen umzusetzen.

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